Spielraumplanung

Spielraumplanung ist gelebte Kinderfreundlichkeit. Noch vor wenigen Generationen gab es keine Spielplätze und sie waren auch nicht nötig. Kinder spielten auf Frei- und Brachflächen im Umfeld, tummelten sich im Wald und auf den Wiesen, stauten mit Staudämmen die Bäche an und kletterten auf die höchsten Bäume. Dort bauten sie sich Baumhäuser oder schufen sich andere Rückzugsorte, z.B. im Dickicht der Pflanzenwelt.

Aufgrund der zunehmenden Verstädterung müssen wir heute diese – soweit noch vorhandenen – natürlichen Freiräume für Kinder gegen andere Interessen schützen. Das ist eines der Hauptziele der Spielleitplanung.

Darüber hinaus gilt es, attraktive generationsübergreifende Spielplätze / Spielräume zu gestalten, um damit die Freiraumdefizite auszugleichen. Je naturnäher dabei diese Spielräume gestaltet sind, desto eher bieten sie die Eigenschaften, die die Spiel- und Erfahrungswelt früherer Kindergenerationen ausgemacht hat.

Wir möchten Ihnen hier Grundsätzliches zu den verschiedenen Typen von Spielräumen vorstellen und zu der Gestaltungsform „naturnaher Spielraum“, die in den letzten Jahren entwickelt wurde und sich vorrangig an den Bedürfnissen von Kindern orientiert.

Für seine Arbeit im Bereich der Spielraumplanung hat Stadt + Natur im Laufe der Jahre bereits verschiedene Auszeichnungen erhalten.

Naturnahe Spielraumgestaltung

Was macht einen naturnahen Spielraum aus? Wie sieht der kind- und jugendgerechter Spiel- und Freiraum aus? Im folgenden haben wir die wichtigsten Aspekte zusammengefasst.

Atmosphäre
Nur wenn ein Freiraum eine einladende Atmosphäre bietet, wird er vom Menschen gut angenommen. Dieses Ergebnis erzielen wir durch eine ansprechende Raumgestaltung und durch die Schaffung von unterschiedlichen Raumgrößen. Bei Spielräumen sind diese entsprechend kindgemäß zu dimensionieren, so dass sich Kinder von unterschiedlicher Persönlichkeit, Alter und Geschlecht von der Raumqualität angesprochen fühlen. Der Spielraum sollte zu den verschiedensten Aktivitäten animieren und dazu einladen, sich durch das Gelände „hindurchzuspielen“.
All diese Voraussetzungen erfüllt ein naturnaher, ausreichend großer Spielraum, der mit einer großen Pflanzenvielfalt und einem durch Hügel und Mulden abwechslungsreich modellierten Gelände ausgestattet ist.
Natur erleben
Durch unmittelbare körperliche Naturerfahrung begreift sich das Kind als Teil der Umwelt. Diese Erfahrung bildet die grundlegende Voraussetzung für die Entwicklung eines Umweltbewusstseins. Ein naturnaher Spielraum unterstützt das. Er bietet ökologische und gestalterische Vielfalt und Erfahrungsmöglichkeiten sowie Herausforderungen für Spiel und Bewegung. Hier finden Kinder Naturmaterialien zum Bauen und für kreatives Spiel.

Beispiel hierfür ist der heimische Haselstrauch: Er lässt sich gut beklettern, in seinem Inneren bietet er Versteckmöglichkeiten, seine Äste und Blätter können als Spiel- und Baumaterial genutzt werden, die Nüsse sind essbar. Der Hasel riecht und fühlt sich immer wieder anders an – je nach Jahreszeit und bietet Tieren einen Rückzugsort und entwickelt sich über die Jahre immer weiter.

Im Laufe der Zeit erleben Kinder die Veränderung im Naturraum. Zum einen durch das Wachstum der Sträucher und Bäume, zum anderen durch die Jahreszeiten.

Die Elemente erleben
Erde, Wasser, Feuer, Luft – es sind diese grundlegenden Erfahrungsmöglichkeiten, die für Kinder besonders attraktiv und wichtig sind.
Das Graben in der Erde ist für Kinder oftmals noch spannender als das Spiel im Sandkasten, da hier meist „aufregende Schätze“, wie z.B. Wurzelteile oder kleinere Steine, gefunden werden.
Besonders attraktiv ist das Spiel mit Wasser. Ein Bachlauf, gespeist durch eine Schwengelpumpe, mit großräumigem Matschbereich – das sind die Highlights eines jeden Spielraums.
Nicht weniger attraktiv ist allerdings das Spiel mit dem Feuer. Es fasziniert und bietet eine Fülle von Erfahrungsmöglichkeiten – sollte aber nur unter Aufsicht angeboten werden. Ein Stockbrot, hergestellt am Lagerfeuer, schmeckt immer… auch wenn es ein paar Mal in den Boden gefallen ist.

Wie kann Luft erfahrbar gemacht werden? Luftbewegung erleben Kinder z.B. beim Rauschen der Blätter, über die Drehbewegungen der selbst gebauten Windräder oder durch die Klänge von den selbstgebastelten Klangelementen, die die Kinder bei Wind wahrnehmen.

Sozialverhalten und Kommunikation
Der naturnahe Spielraum kann zu Kommunikation und verbessertem Sozialverhalten beitragen. Durch eine entsprechende Raumstruktur und ein spezifisches Raumangebot wird ein Durcheinander im Freiraum vermieden. Vielmehr finden bei entsprechender Planung die Kinder zusammen, die ähnliche Spielvorstellungen haben.

Angebote, die alleine nicht in Anspruch genommen werden können, fordern Kinder auf, sich zusammen zu tun, um die Herausforderungen zu meistern: Das Spiel am Bachlauf ist z.B. nur dann möglich, wenn andere mit der Schwengelpumpe zeitgleich Wasser fördern.
Auch gibt es motorische Angebote, wie das Erklimmen eines Findlings, bei denen manche zunächst noch die Unterstützung eines anderen benötigen. Dass Versteckspiele hinter Büschen und Bäumen den anderen brauchen, weiß jedes Kind.

Risiken und Gefahren zulassen
Für das Außengelände von Kindertagesstätten gelten Unfallkassen- und TÜV-Bestimmungen sowie DIN-Normen. Die DIN 18034 besagt unter anderem: „Sicherheitsmaßnahmen sollen Gefahren für die Nutzer möglichst ausschalten, aber auch einen ‚Freiraum‘ lassen, damit Kinder und Jugendliche frühzeitig lernen, Gefahren zu erkennen, um sich entsprechende Verhaltensweisen anzueignen.“

Entsprechende Erfahrungen können Kinder nicht in genormten Standardsituationen erwerben, bei denen sie keinerlei Risiken vermuten. Möglich ist dieses vielmehr in einem unregelmäßigen, sich ständig verändernden Außengelände, auf dem sie stets achtsam und auf mögliche neue Gefahren eingestellt sein müssen. So lernen Kinder Risiken richtig einzuschätzen. Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten und Kräfte entsteht nur in der Bewährung in Gefahrensituationen.

Im Kindergarten ist es bei aller Gewährleistung der Aufsichtspflicht nicht die Aufgabe der Erzieherinnen und Erzieher, das Kind allzeit zu bewachen, sondern die Umgebung so vorzubereiten, dass es seine Geschicklichkeit an überschaubaren Risiken erproben kann. Die eigenen Erfahrungen können und dürfen sie jedoch dem Kind nicht abnehmen.
Diese Überlegung gilt auch im Hinblick auf die Pflanzenauswahl. Nur die nach DIN 18034 verbotenen Pflanzen dürfen nicht verwendet werden. Stachelige oder leicht gefährliche Pflanzen können als Erfahrungspflanzen durchaus einen Platz auf dem Spielplatz finden.

Sinneserfahrungen
Spielräume sollen Voraussetzungen bieten, die kreatives Spiel herausfordern und unterstützen sowie reichhaltige Sinneserfahrungen ermöglichen.
Durch eine abwechslungsreiche natürliche Geländestruktur, die Verwendung verschiedenster Gestaltungsmaterialien, eine reichhaltige Vegetation und einige spezielle Sinneserfahrungsangebote sollen die elementaren Gleichgewichts- und Bewegungssinne, aber auch die Sinne Hören, Sehen, Fühlen, Schmecken und Riechen, vielfältige Anregungen erhalten.
Dabei gilt – Sinneserfahrungen sind nicht immer angenehm. Auch dieses sollten Kinder erleben und erlernen können, z.B. in der Begegnung mit Pflanzen wie der Brennnessel oder der Brombeere.
Topographie
Ebene Gelände sind nicht nur langweilig von der Optik her, sondern sie bieten auch weniger motorische Herausforderungen für die Nutzer – alleine schon von der Topographie her betrachtet.
Wo immer möglich sollte insofern eine abwechslungsreiche Landschaft gestaltet werden – mit unterschiedlichen Höhen und Tiefen. Abwechslung in den Böschungsneigungen hat verschiedene Schwierigkeitsgrade zur Folge – das gilt sowohl für den Versuch, den Hügel zu erklimmen als auch für das Herunterrollen vom höchsten Punkt bis in die Ebene.
Die Verwendung von Findlingen kann die Landschaft noch attraktiver und zudem und die Topographie noch spannender gestalten.
Motorische Herausforderungen
Naturnahe Spielräume werden vor allem aus dem ökologischen Blickwinkel heraus betrachtet. Dabei bietet die Natur auch die besten „Bewegungsangebote“.
Da sind zum einen die Gruppen-Bewegungsspiele, bei denen das Hinterherlaufen zwischen Bäumen und Sträuchern im Vordergrund stehen.

Aber auch die Bäume selbst, wie z.B. die Hainbuchen, sind häufig gute Kletterangebote oder dienen als Aufhängung für Bewegungsangebote.
Das Spielen in größeren Sträuchern hat zudem eine besondere Qualität. An Ästen schwingend, bewegt sich der gesamte Strauch und das macht es extrem schwierig, zielgerichtet zu schaukeln und dabei nicht herunter zu fallen. Gelingt es jedoch nach etlichen Versuchen, so kann das Kind mit Fug und Recht stolz sein auf seine Fähigkeiten.